Die durchschnittliche finanzielle Belastung von Pflegebedürftigen, die im Pflegeheim leben, ist im vergangenen Jahr laut einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) erneut gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2022 gab es bei den pflegebedingten Zuzahlungen einen Anstieg – von 2.393 Euro auf 2.640 Euro. Trotz der Einführung von Zuschlägen zur Begrenzung des Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen liegt die durchschnittliche Gesamtbelastung der Bewohnerinnen und Bewohner infolge der steigenden Preise inzwischen wieder fast auf dem Niveau des Jahres 2021, also vor der Einführung der Zuschläge durch die Politik. Eine Prognose des WIdO zur weiteren Entwicklung macht deutlich, dass auch die aktuelle Anhebung der Zuschläge und die geplante Dynamisierung der Leistungssätze im Jahr 2025 den Trend zu immer höheren finanziellen Belastungen voraussichtlich nicht nachhaltig stoppen können.
Die aktuelle Analyse zeigt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner Ende des Jahres 2023 von der Pflegeversicherung 691 Euro pro Monat für ihre pflegebedingten Eigenanteile in Form der nach Wohndauer gestaffelten Zuschläge erstattet bekamen. Durchschnittlich 970 Euro mussten sie selbst für die Pflege zuzahlen, hinzu kamen im Schnitt 1.075 Euro für Unterkunft und Verpflegung sowie 595 Euro für Investitionskosten. Daraus ergibt sich die Gesamtbelastung von 2.640 Euro pro Monat für 2023. Sie liegt damit ungefähr auf dem Niveau vor der Einführung der nach Wohndauer gestaffelten Zuschläge zur Entlastung, die seit dem 1. Januar 2022 greifen.
„Leider ist der Trend zu immer höheren Eigenanteilen ungebrochen“, betont Dr. Martina Niemeyer, Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland – Die Gesundheitskasse. So habe die durchschnittliche finanzielle Belastung der Bewohnerinnen und Bewohner im Jahr 2017 im Saarland mit 2.178 Euro noch deutlich niedriger gelegen als heute.
Zum 1. Januar 2024 sind die Zuschläge für pflegebedingte Aufwände, die von den Pflegekassen gezahlt werden, angehoben worden: Für Pflegebedürftige, die bis zu einem Jahr in einer vollstationären Pflegeeinrichtung wohnen, steigen sie von 5 auf 15 Prozent. Bei einer Wohndauer von einem Jahr bis zu zwei Jahren gibt es eine Anhebung von 25 auf 30 Prozent, bei zwei bis drei Jahren von 45 auf 50 Prozent und bei einer Wohndauer ab drei Jahren von 70 auf 75 Prozent.
Mit Beginn des Jahres 2025 sollen dann auch die allgemeinen Leistungssätze der Pflegeversicherung steigen: Statt beispielsweise bisher 1.775 Euro pro Monat bei Pflegegrad 4 gibt es dann 1.855 Euro (plus 4,5 Prozent). „Absehbar ist schon jetzt, dass die Kosten für die Pflege im Heim weiter steigen werden. Das hat unter anderem mit gestiegenen Lohnkosten infolge der Verpflichtung der Einrichtungen zur tariflichen Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den inflationsbedingten Tarifsteigerungen zu tun“, erläutert Niemeyer.
Prognose: Weiterer Anstieg zu erwarten
In einer Prognose zur weiteren Entwicklung der pflegebedingten Eigenanteile hat das WIdO verschiedene Szenarien durchgespielt. Wenn man von einer im Vergleich zu den Vorjahren eher moderaten Steigerung der Eigenanteile um 10 Prozent ausgeht, werden die Eigenanteile bereits 2025 trotz der beschlossenen Erhöhungen der Zuschläge und der Dynamisierung der Leistungssätze wieder über dem Niveau von 2023 liegen.
AOK zeigt Auswege auf
Die aktuellen Auswertungen zeigen, dass weitere wirksame und nachhaltige Lösungen zur Begrenzung der steigenden Eigenanteile und zur finanziellen Entlastung der Betroffenen benötigt werden. „Eine Maßnahme, die aus AOK-Sicht schnell umsetzbar wäre, ist die Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen. Dies würde die Pflegebedürftigen in den Heimen auf einen Schlag um etwa eine Milliarde Euro entlasten.“ Und es ist nicht einleuchtend, warum die Kosten für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe eigentlich bei den Pflegebedürftigen abgeladen werden, statt sie aus Steuermitteln zu finanzieren. Daher sollte dieses Versprechen aus dem Koalitionsvertrag trotz schwieriger gewordener finanzieller Rahmenbedingungen dringend umgesetzt werden.
Aber auch die Länder sind gefordert, ihren Teil zur Entlastung beizutragen: Die Investitionskosten der Pflegeheime sollten nicht mehr weiter den Pflegebedürftigen aufgebürdet werden. Sie müssen stattdessen als Teil der Daseinsvorsorge vollständig von den Ländern getragen werden. Auch dadurch wäre eine wirksame Entlastung der betroffenen Menschen möglich.