Die Zahl der Verordnungen von Antibiotika ist bundesweit im Jahr 2022 wieder angestiegen, nachdem sie in den Jahren 2020 und 2021 rückläufig war. Allerdings lag sie mit knapp 31 Millionen Verordnungen etwa zehn Prozent unter dem Wert von 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie. Ein ähnliches Bild ergibt sich für das Saarland: Knapp 400.000 Verordnungen liegen rund 15 Prozent unter dem Wert von 2019, gleichwohl hat die Verordnungsmenge nach der Pandemiezeit auch im Saarland wieder deutlich zugenommen.
Im Jahr 2022 wurden insgesamt 31 Millionen Verordnungen von Antibiotika im Wert von 733 Millionen Euro zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bundesweit abgerechnet. Das entspricht fast jeder 25. ambulanten Verordnung in der GKV. Im Saarland waren es 400.000 Verordnungen für 10,2 Millionen Euro.
Der Verordnungsanteil von Reserveantibiotika blieb trotz des insgesamt wieder steigenden Antibiotika-Einsatzes stabil und lag zuletzt bundesweit bei 42 Prozent – im Saarland waren es 46 Prozent.Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) verzeichnet für diese Wirkstoffe bereits seit 2013 sinkende Verordnungszahlen. Trotz des grundsätzlich positiven Trends werden Reserveantibiotika immer noch zu oft verordnet. Sie sollten den Leitlinien entsprechend nur im Bedarfsfall bei schweren bakteriellen Erkrankungen eingesetzt werden. Reserveantibiotika sind Medikamente, die Mittel der zweiten Wahl darstellen und für deren Einsatz eine strenge Indikation vorgesehen ist.
Verordnungsverhalten
Bundesweit verzeichnete das WIdO im Jahr 2022 191 Standardantibiotika-Verordnungen je 1.000 GKV-Versicherte und 176 Verordnungen von Reserveantibiotika je 1.000 GKV-Versicherte. Für das Saarland lag der Gesamtwert für Verordnungen insgesamt über dem Bundesdurchschnitt. Auch wenn bei dieser Betrachtung die Alters- und Geschlechtsstruktur der GKV-Versicherten wie auch deren Morbidität unberücksichtigt bleiben, liefert sie Hinweise darauf, dass zum Beispiel regionale Informationskampagnen das ärztliche Verschreibungsverhalten sinnvoll unterstützen können. „Das kritische Hinterfragen jeder Antibiotikaverordnung und ein rationaler, leitlinienkonformer Einsatz von Reserveantibiotika sind weiter angezeigt“, so Niemeyer.
Antibiotikaverbrauch auch in Tierhaltung rückläufig
Der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung verstärkt das Problem der Resistenzbildung ebenfalls, da die Wirkstoffe zum Beispiel über den Konsum von Fleisch oder über das Grundwasser auch vom Menschen aufgenommen werden. Zur medizinischen Versorgung der Patientinnen und Patienten in Deutschland sind im Jahr 2022 insgesamt rund 272 Tonnen Antibiotika zum Einsatz gekommen, während laut einer Auswertung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit rund 540 Tonnen an Tierärztinnen und Tierärzte abgegeben wurden. Auch hier ist ein positiver Trend erkennbar: Vor zehn Jahren waren zur Nutzung in der Tiermedizin noch 1.452 Tonnen Antibiotika abgegeben worden. Dies entspricht einer Reduzierung der Antibiotika-Abgabe um 63 Prozent zwischen 2013 und 2022.
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