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AOK Hessen übt heftige Kritik an Kabinettsbeschluss zur Sozialgarantie

Hauptlast tragen die Beitragszahler: „Ein verheerendes Signal“

Die AOK Hessen übt heftige Kritik an einem Beschluss des Bundeskabinetts von heute. Danach werden gerade jene gesetzlichen Krankenkassen, die solide gewirtschaftet und Rücklagen gebildet haben, mit einer Zwangsvermögensabgabe belastet. Andere Krankenkassen sollen nur geringfügig oder gar nicht beteiligt werden, sodass erhebliche Wettbewerbsverzerrungen entstehen würden. Mit den Vermögensentnahmen soll der wesentliche Teil der für 2021 prognostizierten Finanzlücke im Gesundheitsfonds geschlossen werden. „Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler werden mit weiteren 8 Mrd. Euro zur Kasse gebeten, obwohl sie ohnehin schon die Hauptlast der durch die Pandemie und die zahlreichen kostenintensiven neuen Gesetze verursachten Mehrkosten tragen. Die Politik bricht damit ein Versprechen, das sie erst im Sommer in großer Eindeutigkeit gegeben hat“, sagt Detlef Lamm, Vorstandsvorsitzender der AOK Hessen.

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Der Koalitionsausschuss aus CDU, SPD und CSU hatte Anfang Juni im Rahmen einer „Sozialgarantie 2021“ beschlossen, die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 Prozent zu stabilisieren. Darüber hinausgehende Finanzbedarfe sollten ausdrücklich aus dem Bundeshaushalt – also durch Steuermittel – gedeckt werden. „Das schützt die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer und bringt Verlässlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit für die Arbeitgeber“, so der Koalitionsausschuss vollmundig vor gerade einmal vier Monaten. „Dass dieser Beschluss nun keinen Wert mehr hat, ist für die Beitragszahlerinnen und -zahler sowie die hessischen Unternehmen ein verheerendes Signal. Zumal der heutige Beschluss des Kabinetts kurzsichtig nur auf 2021 ausgerichtet ist. Was nach der kommenden Bundestagswahl passieren soll, bleibt völlig unklar“, kritisiert Detlef Lamm. Spätestens 2022 drohten massive Beitragssatzerhöhungen in der gesamten GKV.

Selbstverwaltung sieht sich übergangen

Massive Kritik übt auch der Verwaltungsrat der AOK Hessen. „Krankenkassen, die in den letzten Jahren solide und nachhaltig gewirtschaftet haben, werden durch den Kabinettsbeschluss mit einem wettbewerbsverzerrenden Zwangsrückgriff auf ihre Rücklagen faktisch enteignet und für ihr vorausschauendes Handeln und ihre finanzpolitische Seriosität bestraft,“ so Dr. Stefan Hoehl, Geschäftsführer bei der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände VhU und alternierender Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Hessen. André Schönewolf, ebenfalls alternierender Verwaltungsratsvorsitzender und Abteilungsleiter beim DGB Hessen-Thüringen, kritisiert zudem den erneuten Angriff auf die Selbstverwaltung. „Erneut tritt die Bundesregierung die soziale Selbstverwaltung mit Füßen. Bei Sonntagsreden das Engagement der Sozialpartner zu feiern, aber gleichzeitig die Rechte wie etwa die Haushalts- und Finanzautonomie nach Belieben einzuschränken, ist unseriös und unanständig.“