Die AOK Bayern verzeichnete 2022 insgesamt 471 bestätigte Behandlungsfehler. Im Vergleich zu den Corona-Jahren 2020 (438 Fälle) und 2021 (462 Fälle) bedeutet dies einen leichten Anstieg. Insgesamt wurden im Zeitraum 2021/2022 2.839 Gutachten durch den Medizinischen Dienst (MD) Bayern erstellt. In jedem dritten Fall (32,9 Prozent) konnten die Gutachter das Vorliegen eines Behandlungs- oder Pflegefehlers bzw. fehlerhaften Medizinprodukts bestätigen. Die häufigsten Beratungen und Gutachten gab es in den Bereichen Orthopädie/Unfallchirurgie, Chirurgie und Geburtshilfe. Das zeigt der aktuelle Tätigkeitsbericht zum Behandlungs- und Pflegefehlermanagement.
„Sicherheit und Qualität haben in der medizinischen Versorgung einen hohen Stellenwert – ohne Zweifel leisten Ärzte und Pflegekräfte hervorragende Arbeit“, sagt Ivor Parvanov, Vorsitzender des Verwaltungsrats. Dennoch könnten Behandlungs- und Pflegefehler nicht vollständig ausgeschlossen werden. „Nur wenn Fehler erkannt werden, ist es möglich, aus ihnen zu lernen und präventive Maßnahmen abzuleiten“, sagt Parvanov und betont: „Wir setzen beim Thema Behandlungsfehlermanagement nicht auf Konfrontation, sondern auf Kooperation mit den Leistungserbringern.“
Speziell geschulte Mitarbeitende als Begleiter für die Versicherten
Seit mehr als 20 Jahren unterstützt die AOK Bayern Versicherte bei einem vermuteten Behandlungsfehler. „Mit unseren Patientenberaterinnen und –beratern stehen Betroffenen speziell geschulte und empathische Mitarbeitende als Begleiter durch die Komplexität des Arzthaftungsrechts zur Seite“, sagt Parvanov. Zudem stehe ein medizinisch-juristisches Serviceteam in der AOK Bayern bereit. Allein im Jahr 2022 hat die AOK Bayern 4.422 Erstberatungen durchgeführt.
AOK Bayern fordert Stärkung der Patientenrechte
Um die Situation von Betroffenen zu verbessern, fordert die AOK Bayern eine Stärkung der Patientenrechte. „Gerade bei der Beweispflicht braucht es Erleichterungen für Geschädigte“, sagt Frank Firsching, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats. Betroffene müssen bisher nicht nur den Behandlungsfehler und den Schaden beweisen, sondern auch den ursächlichen Zusammenhang. Künftig sollte für die Kausalität eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ von mehr als 50 Prozent ausreichen, so Firsching. Verbesserungsbedarf sieht Firsching auch bei der Informationspflicht. „Patienten werden nach heutigem Recht über Behandlungsfehler nur informiert, wenn eine gesundheitliche Gefahr besteht oder der Patient explizit danach fragt.“