Neue Wege für notwendige regionale Transformation
Trotz vielfältiger Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung, wurden zuletzt innovative Versorgungsansätze wie Gesundheitsregionen oder Primärversorgungszentren wieder aus dem laufenden Gesetzgebungsverfahren des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG) herausgenommen. Die AOK hat daher ihre Positionen rund um sektorenunabhängige, zukunftsweisende Versorgung gebündelt. Ziel ist die strukturelle Ausgestaltung regionalen Gesundheitslösungen, um tatsächlich ein Plus an Versorgung zu erreichen.
Auch zukünftig muss Versorgung vor Ort stattfinden. Dass enorme regionale Bedarfe bestehen, ist längst bekannt. Trotz Zusage im Koalitionsvertrag, ist der Gesetzgeber bei der Schaffung integrierter und sektorenunabhängiger Versorgungsstrukturen nicht entscheidend vorangekommen. Die traditionellen Sektoren innerhalb und zwischen den Versorgungselementen bestehen starr weiter und blockieren damit den Fortschritt – auch und gerade in strukturell und ökonomisch benachteiligten Regionen. Zum Verlassen des oftmals zu kurzgesprungenen Sektorendenkens braucht es unbedingt mehr Gestaltungsspielraum in der Fläche.
Neue regionale Gestaltungsspielräume eröffnen
„Um eine sichere Versorgung auch für die Zukunft gemeinsam zu gestalten, muss auch den großen gesellschaftlichen Herausforderungen konzeptionell begegnet werden: Der demografische Wandel mit einer zunehmenden Alterung der Gesellschaft und den entsprechenden Auswirkungen auf den Arbeits- und Fachkräftemarkt, die Digitalisierung, die Verknappung von finanziellen Ressourcen sowie ein Wandel der Arbeitswelt“, sagt Dr. Martina Niemeyer, Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland – Die Gesundheitskasse. Die AOK ist hierfür ein verlässlicher Partner sowie aktiver Kümmerer um die medizinisch-pflegerische Versorgung vor Ort und bringt die Erfahrungen und die Expertise in den notwendigen Transformationsprozess mit folgenden konkreten Vorschlägen ein:
Schaffung von mehr Flexibilität
„Es braucht eine neue gesetzliche Grundlage für eine „Regionale sektorenunabhängige Versorgung“ (RegioSV). Damit wird die derzeit bestehende Limitierung der derzeitigen kollektiv- und selektivvertraglichen Regelungen im Sinne der Menschen vor Ort überwunden. Es entsteht ein neuer integrierter Versorgungstypus. Dieser setzt da an, wo derzeit eine Lücke klafft. Ziel ist es mit regionalen Versorgungsinitiativen gemeinsame mit den Gesundheitspartnern leichter neue und zugleich dauerhafte Versorgungsangebote zu implementieren. Der neue Typus wäre dann eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die regionalen Akteure Verantwortung übernehmen und Verunsicherungen abgebaut werden können. Als Resultat entstünden Gesundheitsregionen, die individuell an den jeweiligen Bedarf angepasst wären“, so Niemeyer weiter.
Kernelemente des neuen Versorgungstypus
Der neue Rechtsrahmen in der Ausgestaltung:
- Allgemein formulierter Versorgungsgegenstand, der nicht durch Rahmenverträge auf Bundeseben eingeschränkt wird
- Ausweitung auf alle Ebenen, Sektoren und Gesundheitspartner (wie Kommunen und Langzeitpflegereinrichtungen)
- Abweichmöglichkeiten zur sektoralen Versorgung
- Anschlussfähigkeit an vorhandene Versorgungsstrukturen wie beispielsweise medizinische Versorgungszentren
- Möglichkeit der Piloten und regionalen Projekte zur Überführung in die Regelversorgung
- Beseitigung von Hindernissen bei der Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung und Bedarfsplanung und Verbot einer Doppelfinanzierung durch praktikable Bereinigungsregeln
Strukturell den Wandel gestalten
Der konkrete Nutzen der neuartigen Versorgungsgestaltung kann zum Beispiel in der Umwidmung bisheriger stationärer Ressourcen für ambulante oder sektorenübergreifende Versortungskonzepte (Beispiel Oberwesel), die interdisziplinäre Zusammenarbeit zur Vermeidung stationärer Aufenthalte (Projekt Hand in Hand, Modellprojekt Pfalzklinikum), die Gründung eines kommunalen Versorgungszentrums zur Lösung ambulanter Versorgungslücken sowie Schaffung neuer sektorenübergreifender Versorger aus unwirtschaftlichen und nicht bedarfsnotwenigen vollstationären Einheiten, die mit Ihren Ressourcen ambulante Bedarfe pragmatisch füllen können, liegen. „In Rheinland-Pfalz und im Saarland sehen wir zunehmend Versorgungssituationen, die neue Formen der sektorübergreifenden Zusammenarbeit benötigen“, erklärt Niemeyer. Jede Region habe individuelle Herausforderungen, für die passgenaue Versorgungslösungen gesucht werden müssten.
In diesem Zusammenhang ist es aus Sicht der AOK auch sehr hinderlich, dass für sektorenübergreifende Gesundheitseinrichtungen, die primär aus nicht hinreichend von der Bevölkerung in Anspruch genommenen Krankenhäusern hervorgehen sollten, nach dem Stand des geplanten Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz im Moment noch ein umfangreiches stationäres Leistungsangebot parallel vorhalten sollen – das ist praxisfern für regionale Konzepte.