Hannover, 13.07.2022. Der Verwaltungsrat der AOK Niedersachsen positioniert sich deutlich gegen die Pläne des Bundesgesundheitsministers zur Stabilisierung der GKV-Finanzen. Das Gremium kritisierte den Entwurf zum neuen Finanzstabilisierungsgesetz in seiner heutigen Sitzung als unzureichend, kurzsichtig und nicht zielführend.
Klaus-Dieter Salewski, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats für die Versicherten: „Statt dringend erforderliche Strukturreformen in Angriff zu nehmen, werden Beitragserhöhungen und Verschuldung riskiert – wissentlich, dass die Finanzprobleme damit nicht zu lösen sind, sondern lediglich in die Zukunft verlagert werden.“
Vor diesem Hintergrund appelliert der Verwaltungsrat an die Regierungsfraktionen, das Vertrauen der Versicherten und Arbeitgeber in eine solide Finanzpolitik nicht ad absurdum zu führen.
Beitragssatz stabil
Die AOK Niedersachsen schließt das Jahr 2021 mit einem Defizit von -413 Millionen Euro, bedingt durch den Vermögenszugriff der alten Bundesregierung in Höhe von 484 Millionen Euro. Wenn dieser nicht erfolgt wäre, hätte die AOK Niedersachsen das Jahr positiv abgeschlossen. Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen: „Durch solide, vorausschauende Finanzplanung und Rücklagenbildung ist es uns dennoch gelungen, den Beitragssatz trotz Vermögensabgabe und Ausgabensteigerung durch die Pandemie stabil zu halten und die umfassende Versorgung unserer Versicherten sicherzustellen.“
Weiter auf Wachstumskurs
Der weiterhin attraktive Beitragssatz, exzellenter Service und Mehrleistungen wie die professionelle Zahnreinigung führten im Jahr 2021 erneut zu einem deutlichen Versichertenwachstum. Über 30.000 neue Mitglieder haben sich für die Gesundheitskasse in Niedersachsen entschieden. Damit wuchs die Versichertengemeinde auf mehr als 2,9 Millionen Versicherte.
Im Durchschnitt gab die AOK Niedersachsen im Jahr 2021 für jeden Versicherten 3.495 Euro aus – ein Anstieg von 4 Prozent. Die drei größten Ausgabenbereiche sind weiterhin die stationäre Versorgung im Krankenhaus (3,3 Milliarden Euro), die Versorgung mit Arzneimitteln (1,7 Milliarden) sowie die ambulant-ärztliche Versorgung (1,7 Milliarden Euro). Einnahmen in Höhe von rund 10,83 Milliarden Euro standen Ausgaben in Höhe von 11,24 Milliarden Euro inklusive Vermögensabführung gegenüber.
Nun gerät die GKV-Gemeinschaft im kommende Jahr durch eine Unterdeckung von mindestens 17 Milliarden Euro und einem erneut geplanten Vermögenszugriff durch die Bundesregierung in eine finanziell äußerst bedrohliche Situation.
Christoph Meinecke, alternierender Vorsitzender des AOK-Verwaltungsrats für die Arbeitgeberseite: „Der Plan von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, die Rücklagen der Krankenkassen weiter aufzulösen und die GKV auf Mindestreserven zurückzufahren, ist unverantwortlich. Für Inflationsausgleich, neue zu erwartende Pandemie-Kosten und finanzielle Folgen der Ukraine-Krise müssen nun die Arbeitgeber und Versicherten durch Beitragserhöhung und Vermögensabschmelzung herhalten.“
Beitragszahler nicht weiter belasten
Der Verwaltungsrat der AOK Niedersachsen plädiert dafür, die Maßnahmen zur Deckung der Finanzlücke dringend zu überarbeiten. Statt Beitragszahler über Gebühr zu belasten, sollte der Bund die Zusage aus dem Koalitionsvertrag einlösen, mit einem kostendeckenden Bundesbeitrag die Gesundheitsversorgung der ALG II-Empfänger auszufinanzieren. Des Weiteren ist der Gesetzgeber aufgerufen, mit echten Strukturreformen die Versorgungseffizienz zu verbessern.
Alternierender Verwaltungsratsvorsitzender Klaus-Dieter Salewski: „Anstatt die im Koalitionsvertrag gemachten Versprechen zu berücksichtigen, wird zum wiederholten Mal den Beitragszahlern in die Tasche gegriffen. Mit mehr als 12 Milliarden Euro sollen sie die Hauptlast zur Schließung der Finanzlücke tragen. Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus.“