Hessenweit einmaliges Pilotprojekt verläuft erfolgreich / Erweiterte Palliativversorgung im Hochtaunuskreis
Das gemeinsame Pilotprojekt von AOK Hessen und Löwenzahn Hochtaunus gGmbH hat sich nach über einem Jahr als segensreich erwiesen: Die allermeisten palliativ versorgten Menschen konnten in ihrem Zuhause sterben und es gab erheblich weniger Klinikeinweisungen. Möglich wird das durch eine umfängliche, digital basierte Koordination. Die ambulante Zusammenarbeit insbesondere mit den hausärztlichen Praxen ist deutlich besser abgestimmt. Dieses Konzept müsste hessenweit verankert werden, ist aber immer noch ein Sonderfall.
Das im Mai 2023 gestartete Projekt hat die Erwartungen sogar übertroffen. Insgesamt 95 Prozent der dort betreuten Menschen konnten wie gewünscht zu Hause versterben. In einem sehr ähnlichen Altersspektrum und vergleichbaren Pflegegraden liegt die Quote ansonsten bei nur etwa 60 Prozent. Denn an Wochenenden, Feiertagen oder auch abends und nachts passiert es immer wieder: Schwerkranke Patientinnen und Patienten haben plötzlich starke Schmerzen, geschwollene Beine, Luftnot oder Übelkeit. Da die Krankengeschichte im Detail dem hinzugerufenen Notdienst in der Regel nicht bekannt ist, werden Patientinnen und Patienten zur Sicherheit häufig ins Krankenhaus gebracht. „Dabei können oft andere sinnvolle, vor allem medikamentöse Maßnahmen ambulant ergriffen werden, um einen Krankenhausaufenthalt im Sinne der Betroffenen zu vermeiden. Wir haben in diesem Pilotprojekt bewiesen, dass unser Konzept den Realitätstest besteht und die Lücke zwischen hausärztlicher Versorgung und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (SAPV) schließen kann“, erklärt Dr. Robert Gaertner von der Löwenzahn Hochtaunus gGmbH.
Beruhigt auch im Notfall
Diese erweiterte palliative Versorgung ist in Hessen immer noch Neuland und müsste, um flächendeckend umgesetzt zu werden, gesetzlich verankert werden. Auch die Zahl der Klinikeinweisungen ging erheblich zurück – um 25 Prozentpunkte im Vergleich zur regulären Versorgung. Damit ist zusätzlich eine Kostenreduktion verbunden, während die Betroffenen und ihre Angehörigen – das hat eine telefonische Befragung ergeben – sehr zufrieden mit der Betreuung sind oder waren. „Denn es ist sehr beruhigend zu wissen, dass es eine ständig besetzte medizinische Hotline gibt, die alle palliativen Patientinnen und Patienten kennt und im Zweifel jederzeit – auch nachts, auch an Feiertagen – vorbeikommen kann“, meint Dagmar Giese, die bei der AOK Hessen das Vorhaben eng begleitet hat. Obendrein werden Kosten, die durch eine unnötige Klinikeinweisung entstehen, reduziert. Allerdings geht es auch nicht darum, um jeden Preis einen Aufenthalt im Krankenhaus zu vermeiden. „An erster Stelle steht für uns der Wille der betroffenen Person und der Angehörigen“, so Gaertner. Und er stellt auch klar, dass die Hausärztinnen und -ärzte weiterhin die ersten Ansprechpartner bleiben. Er sieht seine Organisation vielmehr als „verlängerten Arm“, auf den man ständig zurückgreifen kann.
Eine App gibt Sicherheit
Die Koordination aller Beteiligten erfolgt sehr unbürokratisch. Das Löwenzahn-Team, die hausärztliche Praxis, Apotheke, und die Familie können miteinander mittels einer App vernetzt werden. Die Verordnung wird von der hausärztlichen Praxis ausgestellt. Die Voraussetzung für die Leistung ist eine chronisch, nicht-heilbare Erkrankung, die eine Symptomkontrolle und 24-stündige Rufbereitschaft erfordert. Insgesamt wurden 200 Menschen im Pilotzeitraum professionell begleitet. Diese Form der Versorgung wird im Hochtaunuskreis weitergeführt und steht auch Versicherten anderer Krankenkassen offen, sofern diese dem Vertrag zur Integrierten Versorgung beitreten.
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