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Depressionen in Hessen sehr verbreitet

Gesundheitsatlas Deutschland zeigt: 770.000 Hessinnen und Hessen sind betroffen / Stadt Offenbach mit bundesweitem Höchstwert

Rund 770.000 Hessinnen und Hessen litten 2022 laut AOK unter Depressionen – das sind über 13 Prozent der Gesamtbevölkerung. Damit findet sich Hessen nach dem Saarland und Hamburg auf Platz drei aller Bundesländer wieder. Depressionen sind eine psychische Erkrankung, die unter anderem durch eine gedrückte Stimmung, vermehrtes Grübeln, Antriebslosigkeit und eine verminderte Lebensqualität gekennzeichnet ist. Sie verläuft typischerweise episodenhaft, das heißt, die Krankheitsphasen sind oft auch ohne Therapie zeitlich begrenzt. Ein weiterer Befund: Hessische Frauen leiden deutlich häufiger unter der Erkrankung als Männer – insbesondere im höheren Alter. Und: Die Stadt Offenbach liegt mit 17,7 Prozent bundesweit an der Spitze der erfassten Landkreise und kreisfreien Städte. Diese Zahlen gehen aus dem aktuellen „Gesundheitsatlas Deutschland“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor.

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Die Prävalenz, also Krankheitshäufigkeit, von diagnostizierten Depressionen ist in den vergangenen Jahren hessenweit kontinuierlich gestiegen. Sie hat zuletzt mit 13,43 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie, lag sie noch bei 12,57. Der aktuelle Gesundheitsatlas analysiert auch die regionale Verteilung der Erkrankung. Danach gibt es im Saarland mit 14,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung die meisten Betroffenen mit einer Depressions-Diagnose, während es in Sachsen nur 11,1 Prozent waren. Hessen liegt unter den Bundesländern auf dem dritten Rang. Der knapp 150-seitige „Gesundheitsatlas Deutschland“ zum Thema Depression ist im Vorfeld des „Welttages der seelischen Gesundheit“ am 10. Oktober veröffentlicht worden und steht zum kostenlosen Download auf der Gesundheitsatlas-Website des WIdO bereit: www.gesundheitsatlas-deutschland.de

Frauen sind häufiger betroffen

Laut der Analyse im Gesundheitsatlas kommen Depressionen bei Jugendlichen zwischen 10 und 14 Jahren noch selten vor. Mit zunehmendem Alter zeigt sich jedoch ein deutlicher Anstieg der Depressionshäufigkeit. In allen Altersgruppen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Bei den 60- bis 64-Jährigen ist mehr als jede fünfte Frau und fast jeder sechste Mann betroffen. In den Altersklassen zwischen 65 und 74 Jahren ist dann ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Nach diesem „Knick“ steigen die Prävalenzen jedoch weiter deutlich an. Der Häufigkeitsgipfel wird bei den 80- bis 84 jährigen Frauen mit 30,5 Prozent erreicht. Bei den Männern wird die höchste Prävalenz mit 20 Prozent in der Altersgruppe ab 90 Jahren gemessen.

Große lokale Unterschiede in Hessen

Auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte  zeigen sich große Unterschiede bei der Häufigkeit von Depressions-Diagnosen (Abbildung 1). Nach der Analyse des Gesundheitsatlas Deutschland sind die Einwohnerinnen und Einwohner in der Stadt Offenbach (17,72 Prozent), im Main-Kinzig-Kreis (16,19 Prozent) und im Werra-Meißner-Kreis am stärksten betroffen. Am seltensten kommen Depressionen in Darmstadt (10,16 Prozent), im Hochtaunuskreis (10,42 Prozent) und im Main-Taunus-Kreis (11,01 Prozent) vor. In einem „fairen“ Vergleich, in dem die Prävalenzen um Alters- und Geschlechtsstruktur der Regionen bereinigt werden, beleuchtet der Gesundheitsatlas die Frage, ob Alter und Geschlecht eine maßgebliche Rolle bei der Verteilung der Depressionshäufigkeit spielen. In diesem Vergleich liegen die Prävalenzen zwischen 10,08 Prozent im Hochtaunuskreis und 20,1 Prozent in Offenbach. „Da die Spanne im fairen Vergleich zunimmt, kann die Verteilung der Depressionshäufigkeiten nicht allein auf Alters- und Geschlechtsstrukturen zurückgeführt werden“, erläutert Dr. Christoph-Gérard Stein aus dem medizinischen Kompetenz-Center der AOK Hessen.

Zusammenhang mit Angststörungen, Rückenschmerzen und Einsamkeit

Zu den Risikofaktoren, die zur Entstehung von Depressionen beitragen können, gehören neben Alter und Geschlecht auch Begleiterkrankungen, kritische Lebensereignisse oder chronischer Stress. Im Gesundheitsatlas werden auch die Zusammenhänge zwischen Depressionen und Risikofaktoren in den Regionen Deutschlands untersucht. Dazu gehören Angststörungen und Rückenschmerzen. Die Analysen bestätigen die aus der wissenschaftlichen Literatur bekannten Zusammenhänge: In Regionen mit einem höheren Anteil an Patientinnen und Patienten mit Angststörungen oder Rückenschmerzen sind auch mehr Menschen von Depressionen betroffen. Auch Einsamkeit und Depression sind miteinander verknüpft. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass chronische Einsamkeit ein bedeutender Risikofaktor für die Entwicklung von Depressionen ist. Einsamkeit kann das emotionale Wohlbefinden stark beeinträchtigen, da soziale Isolation und das Fehlen von zwischenmenschlichen Verbindungen das Gefühl der Wertlosigkeit und Hoffnungslosigkeit verstärken können, was typische Merkmale einer Depression sind. In der Forschung wird Einsamkeit oft als subjektive Wahrnehmung definiert, nicht zwangsläufig als physische Isolation. Das bedeutet, dass Menschen sich auch dann einsam fühlen können, wenn sie von anderen umgeben sind, wenn diese Verbindungen als unzureichend oder unbefriedigend erlebt werden.

Stigmata abbauen und Wissenslücken schließen

Depressionen sind eine der häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland und führen zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität. „Oft sind Patientinnen und Patienten nicht mehr in der Lage, ihren alltäglichen Aktivitäten nachzugehen“, so Stein. „Obwohl das Krankheitsbild immer mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt, bleibt das Bild über die Betroffenen oft von Vorurteilen und Stigmata geprägt. Das kann Patientinnen und Patienten stark belasten.“ Der Gesundheitsatlas Deutschland solle dazu beitragen, Wissenslücken beim Thema Depressionen zu schließen, ein Bewusstsein für die große Bedeutung dieser Erkrankung zu schaffen und Berührungsängste abzubauen.

Online-Angebot der AOK

Wer unter depressiven Symptomen leidet, findet Hilfe bei Ärztinnen oder psychologischen Psychotherapeuten. Zusätzliche Unterstützung bietet das interaktive Online-Programm „moodgym“. „moodgym“ ist ein kostenloses Online-Training für eine stärkere Psyche. Die Übungen helfen, ungesunde Gedankenmuster zu erkennen, sie durch neue zu ersetzen und so das Handeln positiv zu verändern – nach dem Motto: „Neu denken, sich besser fühlen.“ Ziel des Programms ist es, depressive Symptome zu verringern sowie das Auftreten von Depressionen zu verhindern. „moodgym“ wurde weltweit schon von über einer Million Menschen genutzt und die Wirksamkeit des Programms wurde in wissenschaftlichen Studien gezeigt. „moodgym“ überzeugte auch Stiftung Warentest. Unter acht getesteten Programmen zur Unterstützung bei Depressionen erhielt es in der Ausgabe 07/2019 als einziges kostenfreies Angebot das Prädikat „empfehlenswert“: https://moodgym.de/

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