GKV-Spitzenverband

DVPMG verfehlt Ziel der schnelleren Digitalisierung

Die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers, mit dem Ge-setz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) die Digi-talisierung und Vernetzung des Gesundheitswesens zu dynamisieren, begrüßt der GKV-Spitzenverband ausdrücklich – allerdings wird auch das neue Digitalge-setz dieser Zielsetzung nicht gerecht.
Besonders problematisch beurteilt der GKV-Spitzenverband die zunehmende Ausweitung der Aufgaben der gematik. Ursprünglich gegründet, um einen ein-heitlichen Rahmen durch Festlegung von Standards und Spezifikationen vorzuge-ben, beschränken sich die Aktivitäten der gematik zunehmend nicht mehr nur auf organisatorische und systemische Aspekte der Digitalisierung des Gesundheitssystems. „Die gematik schafft sich immer mehr direkte Schnittstellen und Zugänge zu den Versicherten und kann so direkten Einfluss auf die Art und Weise nehmen, wie die Versicherten die Digitalisierung des Gesundheitssystems erleben, ihre Gesundheit verstehen, welche Pfade beschritten und Produkte genutzt werden. Sie wird damit in die Lage versetzt, wesentliche Akteure wie die Ärzte und Krankenkassen, zu umgehen“, mahnt Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsit-zende des GKV-Spitzenverbandes. Damit würde die gematik zukünftig immer mehr selbst unternehmerisch tätig, statt neutral zu gestalten. „Eine gematik, die praktisch als staatliche Unterbehörde die auf den Markt zu bringenden Anwen-dungen nicht nur prüft und zertifiziert, sondern gleichzeitig eigene Produkte entwickelt und vermarktet, ist schlicht abzulehnen“, so Pfeiffer weiter.


Einfacher Zugriff auf das E-Rezept – gut, aber zeitlich unrealistisch

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Die Krankenkassen sollen ab Januar 2022 ein technisches Verfahren anbieten, mit dem Versicherte barrierefrei auf das E-Rezept zugreifen können, etwa über ein Smartphone, ohne dafür ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) einsetzen zu müssen. Dieser Ansatz, der etwa erlaubt, auch mit den Apps der Krankenkassen Zugriff auf das E-Rezept zu ermöglichen, ist aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes zu begrüßen – er wird vom Gesetzgeber allerdings mit einer unrealistischen Frist versehen. „Die hierfür notwendigen – und gesetzlich vorgesehenen –
Festlegungen der gematik existieren gar nicht, bisher hat die gematik für deren Erstellung noch nicht einmal einen Auftrag erhalten“, erläutert Dr. Doris Pfeiffer.

Bis 2023 sollen Versicherte neben ihrer eGK auch eine digitale Identität zur Verfügung gestellt bekommen. Spätestens ab Juli 2022 sollen die Krankenkassen in diesem Zusammenhang ein Verfahren zur Erprobung der sicheren digitalen Identität bereitstellen. Da die digitalen Identitäten interoperabel von der gematik festgelegt werden, ist es aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes weder effizient noch zweckdienlich, dass jede Krankenkasse separat ein Verfahren zur Erprobung bereitstellen muss. Stattdessen sollte ein zentrales Verfahren zur Verfü-gung gestellt bzw. den Krankenkassen eine Zusammenarbeit ermöglicht werden.


ePA – stationäre Lösung zeitaufwendig und teuer


Die Krankenkassen sollen zudem verpflichtet werden, ihren Versicherten ab 2022 eine elektronische Patientenakte (ePA) nicht nur über ein Smartphone oder Tablet zur Verfügung zu stellen, sondern zusätzlich auch über einen stationären Com-puter. „Dieser Termin ist unmöglich haltbar, wenn man betrachtet, welche Aufga-ben im ePA-Kontext noch von den Krankenkassen zu erfüllen sind. Die Bereit-stellung eines Zugangs auf einem stationären Desktop bedeutet, dass eine Reihe von Betriebssystemen unterstützt werden muss – vor dem Hintergrund der not-wendigen Sicherheitszulassung eine in der knappen Zeit nicht zu bewältigende Herausforderung“, so Dr. Doris Pfeiffer. Die einfache Übertragung der mobilen Apps auf die stationären Betriebssysteme ist nicht möglich, da die Architekturen der mobilen Plattformen vollständig anders funktionieren. Ganz davon abgese-hen, dass geeignetes Entwicklungspersonal für derart komplexe und sicher-heitskritische Anwendungen kurzfristig nicht in ausreichender Menge auf dem Markt verfügbar sein und die Bereitstellung für die Kassen immense Kosten verursachen wird.


Der GKV-Spitzenverband ist der Verband aller 103 gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Als solcher gestaltet er den Rahmen für die gesundheitliche Versorgung in Deutschland; er vertritt die Kranken- und Pflegekassen und damit auch die Interessen der 70 Millionen Versicherten und Beitragszahler auf Bundesebene gegenüber der Politik, gegenüber Leistungserbringern wie Ärzten, Apothekern oder Krankenhäusern. Der GKV-Spitzenverband übernimmt alle nicht wettbewerblichen Aufgaben in der Kranken- und Pflegeversicherung auf Bundesebene. Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217a SGB V.