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Prävention und bessere Versorgung von Patienten mit postoperativem Delir

Ein Delir – ein akuter Verwirrtheitszustand – tritt bei älteren Patienten nicht selten auf, wenn diese aus einer Narkose erwachen. Es kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Ein neuer Versorgungsansatz soll dies nun ändern. Die AOK Niedersachsen hat als erste Krankenkasse in Niedersachsen mit dem Elisabeth-Krankenhaus Thuine (EKT) im Verbund der Niels-Stensen-Kliniken einen Vertrag geschlossen, um das Auftreten des Delirs besonders bei älteren Menschen bei einem Klinikaufenthalt zu vermeiden.

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Der Qualitätsvertrag „Prävention des postoperativen Delirs bei der Versorgung von älteren Patientinnen und Patienten“ zielt darauf ab, die Versorgung dieser Patientengruppe im Krankenhaus mit speziellen Maßnahmen zu verbessern. So sieht das Behandlungskonzept unter anderem den Einsatz von sogenannten Delirguides vor, also einer festen Bezugsperson für die Betroffenen während des gesamten Krankenhausaufenthalts. Darüber hinaus werden besonders schonende Narkoseverfahren bevorzugt genutzt. Im Elisabeth-Krankenhaus Thuine der Niels-Stensen-Kliniken versucht man bevorzugt die Regionalanästhesie zu nutzen. Auf zusätzliche Sedierung wird fast vollständig verzichtet, so Dr. Christian Prause, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin sowie Projektleitung. Außerdem kommen auf den Stationen verschiedene Maßnahmen zum Einsatz, um den Patientinnen und Patienten wieder eine rasche Orientierung im Alltag nach der Operation zu erleichtern.

Das Risiko des sogenannten postoperativen Delirs ist bei älteren Menschen mit bereits bestehenden kognitiven Einschränkungen stark erhöht. Die akute Funktionsstörung des Gehirns, die zu den häufigsten Komplikationen bei älteren Patientinnen und Patienten im Krankenhaus zählt, galt lange Zeit als eine zwangsläufige Begleiterscheinung und wurde auch als „Durchgangssyndrom“ bezeichnet. Mittlerweile ist das im Verlauf eines Krankenhausaufenthalts auftretende Delir als psychiatrischer Notfall anerkannt, der sich langfristig negativ auf die Gesundheit der Patientinnen und Patienten auswirken kann.

Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen, erläutert: „Bei einer frakturbedingten Hüft-OP erleiden zum Beispiel bis zu 60 Prozent der Patientinnen und Patienten über 65 Jahre ein postoperatives Delir. Wissenschaftliche Studien belegen, dass dies gravierende Folgen für die Betroffenen hat. Rund 40 Prozent der Betroffenen sind selbst nach einem Jahr noch stark eingeschränkt. Sie haben anhaltende Probleme im Alltag – infolgedessen werden viele Patientinnen und Patienten pflegebedürftig.“

Verschiedene Faktoren während eines Krankenhausaufenthaltes können dazu beitragen, dass sich ein Delir entwickelt oder verschlimmert – beispielsweise der mehrfache Wechsel der Station und der betreuenden Personen, ein hoher Lärmpegel, Infektionen, die Gabe bestimmter Medikamente sowie Schmerzen. Diese Faktoren können jedoch durch geeignete Maßnahmen direkt beeinflusst werden.

„Wir möchten mit den hohen Qualitätsanforderungen eine weitgehende Selbständigkeit der Betroffenen erhalten oder wiederherstellen“, betont Dr. Jürgen Peter und erklärt weiter: „Über 550.000 Versicherte der AOK Niedersachsen sind 65 Jahre alt oder älter. Wenn es gelingt, die negativen Folgen eines Delirs zu verringern, hilft dies nicht nur älteren Patientinnen und Patienten, sondern auch allen anderen Versicherten der Gesundheitskasse.“

Im Elisabeth-Krankenhaus Thuine der Niels-Stensen-Klinken erhalten gefährdete Patientinnen und Patienten bis April 2023 nun die neuen Leistungen. Im letzten halben Jahr des Projektes wird das Vorhaben gemeinsam durch die AOK und durch die akademisierten Delirbegleiter wissenschaftlich ausgewertet. Diese Auswertung soll Aufschluss darüber geben, ob und in welchem Umfang die Gesundheit der betroffenen Patientinnen und Patienten verbessert werden konnte.