Der 44. Deutsche Krankenhaustag vom 15. bis 17. November 2021 wird ganz im Zeichen des politischen Umbruchs stehen. Unter dem Titel „Kurswechsel in der Krankenhauspolitik?!“ können sich alle Interessierten ab dem 15. November per Livestream unter www.deutscher-krankenhaustag.de über die neuesten Trends aus dem Krankenhausbereich informieren. Der Kongress wird parallel zur weltweit größten Medizinmesse MEDICA in Düsseldorf stattfinden. Der diesjährige Kongresspräsident Dr. Gerald Gaß, zugleich Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), unterstrich die Leistungsfähigkeit der Kliniken während der vergangenen 20 Monate in der Corona-Pandemie. Gleichzeitig seien aber fortlaufend die Grenzen und Mängel des Systems deutlich geworden. „Neben kurzfristigen Maßnahmen zur Stabilisierung der Krankenhäuser, in der vierten Corona-Welle, benötigen wir daher einen nachhaltigen Reformprozess für eine leistungsfähige Kliniklandschaft“, erklärte Gaß auf der Eröffnungspressekonferenz des 44. Deutschen Krankenhaustages. „Wir sehen aktuell, dass erneut Engpässe durch die zusätzlichen COVID-Patienten auftreten, die das Personal der Krankenhäuser sehr stark belasten. Deshalb brauchen die Kliniken wieder maximalen Handlungsspielraum, um nach medizinischen Kriterien das Regelsystem wieder gezielt an die konkrete Belastung vor Ort anzupassen. Solange die Krankenhäuser nicht sicher sein können, dass ihr wirtschaftliches Überleben auch bei sinkenden Fallzahlen im Regelsystem gesichert ist, müssen sie die schwierige Balance zwischen COVID-Versorgung und planbaren Leistungen aushalten. Wir brauchen deshalb einen wirksamen Rettungsschirm für alle Krankenhäuser auch über das Jahresende hinaus“, erklärte Gaß. Mit Blick auf die neue Regierung forderte der DKG-Vorstandsvorsitzende eine „Bund-Länder-Zukunftskommission Krankenhaus“, um ein abgestimmtes Handeln zwischen Bundesregierung und Ländern für eine zukünftige Krankenhausstruktur auf den Weg zu bringen. „Die Menschen erwarten Antworten: Wieviel Krankenhaus will die Politik in Zukunft noch, wieviel Zentralisierung, wieviel Wohnortnähe? Das sind schwierige Fragen, denen sich die Politik aber stellen muss“, so Gaß. Dr. Sabine Berninger, Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland (ADS) sowie des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK), machte deutlich, dass die neue Bundesregierung notwendige Reformen nicht auf die lange Bank schieben dürfe. „Wir benötigen ein Personalbemessungsinstrument, das am Bedarf unserer Patientinnen und Patienten ausgerichtet ist – jetzt sofort und nicht erst in fünf oder zehn Jahren. Nur so schaffen wir es, eine Perspektive aufzuzeigen. Eine Perspektive, dass die Pflegefachpersonen wieder so pflegen können, wie es fachlich gut und notwendig ist. Und vielleicht können wir so auch wieder einige der Berufsaussteiger zurückgewinnen. Mit der PPR 2.0 liegt als sofortige Lösung ein fundierter Vorschlag auf dem Tisch, der einsetzbar ist“, sagte Berninger, Mitglied des DBfK-Bundesvorstandes. Darüber hinaus seien Investitionen in den Pflegeberuf – in Ausbildung wie Arbeitspraxis – notwendig. Zudem sollten die Aufgabenzuordnungen zwischen den Gesundheitsberufen neu überdacht und am Fachwissen der Beteiligten sowie der Patientenversorgung ausgerichtet sein. „Pflegende haben mehr Kompetenzen als sie heute einsetzen dürfen. Sie sind bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen“, so Berninger. Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK), forderte eine ausreichende Finanzierung der Betriebs- und Investitionskosten. „Der Rettungsschirm für die Krankenhäuser muss reaktiviert werden“, so Weber. So wie jeder Patient eine individuelle Behandlung benötige, bräuchten die Kliniken eine bedarfsgerechte Versorgungsstruktur. Dies erfordere die Entwicklung sinnvoller Alternativen, um die flächendeckende medizinische Versorgung zu garantieren. Weber forderte zudem eine effiziente und datensichere Digitalisierungsstrategie, die den Ansprüchen des Klinikalltags gerecht werde. Darüber hinaus seien für ein gutes Gesundheitssystem gute Arbeitsbedingungen unabdingbar. „Wir brauchen ausreichende Investitionen und intelligente Lösungen in der Personalplanung – gegen die Unterbesetzung in Kliniken. Deutschland braucht die besten Ärztinnen und Ärzte. Deswegen setzen wir uns gegen einen überstürzten Abbau ärztlicher Stellen ein“, sagte Weber. Der VLK-Präsident forderte eine zielgenaue und differenzierte Strukturreform, um die hohen Qualitätsstandards deutschlandweit zu halten. „Im Mittelpunkt müssen dabei die Patienten stehen.“ Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), hob die Bedeutung einer ambulant-stationär integrierten Versorgung hervor. Diese sei nur von den Krankenhäusern zu leisten. „Der Gesetzgeber sollte daher die ambulante Behandlung am Krankenhaus in die Selbstverwaltungskompetenz der Klinken überführen und eine auskömmliche Finanzierung dafür garantieren. In den Fachgebieten, in denen die kassenärztliche Versorgung die Sicherstellung nicht mehr zeitnah leisten kann, müssen die Kliniken für diese Leistungen per Gesetz zugelassen werden“, forderte der VKD-Präsident. Gleichzeitig sollten Bund und Länder als Letztverantwortliche der gesundheitlichen Daseinsvorsorge ein Zukunftskonzept „Deutsches Krankenhaus“ vorlegen und die seit langem die offene Frage der Investitionsfinanzierung endlich beantworten. Zudem müsse nach dem Krankenhauszukunftsgesetz die Digitalisierung der Kliniken durch Förderung von über zwei Milliarden Euro pro Jahr in den nächsten fünf Jahren fortgesetzt werden. „Vergütungsabschläge und unrealistische Fristsetzungen müssen aufgehoben werden“, forderte Düllings. Der Deutsche Krankenhaustag widmet sich auch in diesem Jahr der gesamten Bandbreite der Gesundheits- und Krankenhauspolitik. In zahlreichen Foren und Veranstaltungen werden Themen wie Qualität, Finanzierung, Pflege oder Patientenorientierung praxisnah noch bis zum 17. November diskutiert. In der Auftaktveranstaltung ab 12 Uhr geht es insbesondere um die Erwartungen an die künftige Bundesregierung und die Herausforderungen der Krankenhäuser in den kommenden Jahren. Auch die Auswirkungen und Konsequenzen der COVID-19-Pandemie auf Kliniken, Medizin, Pflege, Gesundheitsversorgung und Gesundheitswirtschaft werden eine wesentliche Rolle spielen. Die Spitzen der Gesellschaft Deutscher Krankenhaustag (GDK) werden aktuelle Entwicklungen beleuchten und zusammen mit Dr. Heiner Garg, Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein, diskutieren. Die Verleihung des VLK-Zukunftspreises 2021 an Prof. Dr. Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), beschließt die Auftaktveranstaltung. Im Anschluss steht die Weiterentwicklung des Fallpauschalensystems im Fokus. Die Veranstaltung „Das G-DRG-System 2022“ der DKG bietet ab 14:30 Uhr ein Forum für Information und Diskussion rund um die Klinikvergütung. Detaillierte Informationen finden Sie unter www.deutscher-krankenhaustag.de. |