Die Prognose des
GKV-Schätzerkreis für das Jahr 2023 ergibt eine rechnerische Anhebung des
durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um 0,2 Prozent. Das entlastet zunächst
die Beitragszahlenden, da bisher von einer Erhöhung um 0,3 Beitragssatzpunkte
ausgegangen wurde. Hätte die Regierung die im Koalitionsvertrag vorgesehenen
strukturellen Veränderungen wie die ausgabendeckende Finanzierung von ALG
II-Versicherten bereits umgesetzt, wäre eine Erhöhung der Zusatzbeiträge im
Durchschnitt sogar gänzlich vermieden worden.
Die robuste Einnahmenentwicklung dieses Jahr hilft, die Lücke von 17 Milliarden
Euro im kommenden Jahr zumindest teilweise zu schließen. Trotz dieser
Entwicklung gibt es jedoch erhebliche Zukunftsrisiken, die in der Schätzung
nicht berücksichtigt wurden. Die Auswirkungen von Inflation, Energiekrise und
des Krieges in der Ukraine auf Lieferketten spüren wir in unserer Gesellschaft
bereits seit Monaten. Sie werden absehbar auch für deutlich höhere Ausgaben in
der gesetzlichen Krankenversicherung sorgen. Hinzu kommen
sozialversicherungsfreie Einmalzahlungen wie die Inflationsprämie: Wenn im
Rahmen aktueller Tarifverhandlungen diese Einmalzahlungen anstelle von
Lohnerhöhungen vereinbart werden, fehlen den Krankenkassen wichtige Einnahmen
für die Versorgung ihrer Versicherten. Das Problem wird dadurch verschärft,
dass Krankenkassen nach dem geplanten Finanzstärkungsgesetz ihre Rücklagen
größtenteils abschmelzen müssen und hierauf im Ernstfall nicht mehr
zurückgreifen können. Im Extremfall werden gesetzliche Krankenkassen
nicht mal über eine Reserve für sieben Tage verfügen.
Es ist geradezu fahrlässig, eine stabile gesetzliche Krankenversicherung in
dieser ohnehin unsicheren Zeit zu gefährden. Das Ziel einer nachhaltigen und
resilienten Finanzierung der Gesundheitsversorgung wird damit in eine unsichere
Zukunft verschoben.