Gesundheitsversorgung: Versicherte sehen Mängel im System Umfrage: Die meisten Menschen sind mit der medizinischen Versorgung zufrieden. Doch ein nicht unerheblicher Teil erlebt Defizite. München, 4.12.2023. In der Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung in Deutschland zeigt sich ein geteiltes Bild. Die meisten Menschen geben ein positives Zeugnis. So bewerten 77 Prozent ihre letzten Erfahrungen mit einer Arztpraxis positiv. Doch: Jeder Vierte (24 %) sieht die Notfallversorgung in der eigenen Region als nicht vollständig gesichert. 35 Prozent der Menschen, die schon einmal pflegebedürftig waren oder einen Menschen gepflegt haben, waren nicht zufrieden mit den Erfahrungen, die sie mit ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen gemacht haben. Und 28 Prozent der Eltern mit Kindern bis 12 Jahren hatten Schwierigkeiten, eine Kinderarztpraxis zu finden. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Untersuchung, die das Marktforschungsinstitut YouGov im Auftrag der SBK Siemens-Betriebskrankenkasse unter 2.022 Teilnehmenden ab 18 Jahren durchgeführt hat. Auch beim Zugang zur ärztlichen Versorgung schwankt die Zufriedenheit laut der SBK-Umfrage: 80 Prozent der Versicherten können eine haus- oder allgemeinärztliche Praxis in angemessener Entfernung zu ihrem Wohnort besuchen. Allerdings haben 30 Prozent trotz dringendem Bedarf keinen Facharzttermin in angemessener Zeit erhalten. 37 Prozent der Menschen mit Erfahrungen mit ambulanter oder stationärer Pflege konnten in einer Pflegesituation nicht ausreichend schnell einen Platz im Pflegeheim oder einen Pflegedienst finden. Fehlender Informationsaustausch: 26 Prozent berichten von Doppeluntersuchungen Ein verlässlicher digitaler Datenaustausch zwischen Leistungserbringern kann für die Versichertengemeinschaften teure Mehrfachuntersuchungen verhindern. Doch die Vernetzung scheint nicht überall zufriedenstellend zu funktionieren: 26 Prozent aller Befragten geben an, dass bei ihnen in kurzen Abständen die gleichen Untersuchungen durchgeführt wurden, da Ergebnisse wie ein Blutbild oder Röntgenaufnahmen nicht von einer Praxis zu anderen weitergegeben worden waren. Wer in den letzten drei Jahren eine OP oder einen Krankenhausaufenthalt in Anspruch nehmen musste, kennt das Problem häufiger (32 %). Von den Pflegebedürftigen haben sogar 54 Prozent Erfahrungen mit Doppeluntersuchungen innerhalb kurzer Zeit. Dabei ist die Vernetzung im Gesundheitswesen unerlässlich, um die knappen Ressourcen des Systems im Sinne der Patientinnen und Patienten einzusetzen. Das Gesundheitswesen muss nachhaltiger werden, um gute Versorgung aufrechtzuerhalten „Die Gesundheitsversorgung ist in einer angespannten Lage, das zeigen auch die Ergebnisse dieser Umfrage“, betont Gertrud Demmler. „Auf absehbare Zeit wird die Überlastung vor dem Hintergrund des demographischen Wandels eher größer. Das heißt Arzttermine, Pflegeeinrichtungen oder Zeit für die Patientinnen und Patienten im Krankenaus werden eher knapper. Das ist nicht nur für die Patientinnen und Patienten eine schlechte Nachricht. Auch die Menschen, die sie versorgen, wie Ärztinnen und Ärzte oder pflegendes Personal, stehen dadurch zunehmend unter Druck. Wir brauchen jetzt weitreichende Reformen, die die Ressourcen des Gesundheitswesens insgesamt entlasten. Und die wichtigste dieser Ressourcen sind die Menschen, die im System arbeiten.“ Ressourcen im Sinne der Menschen nutzen: Vorschläge für ein nachhaltigeres Gesundheitswesen Die SBK macht Vorschläge, wie das Gesundheitswesen nachhaltiger mit seinen knapper werdenden Ressourcen umgehen kann. Zentral sind dabei zwei Punkte: Aktuell ist das Gesundheitswesen zum einen auf Menge und nicht auf Qualität ausgerichtet. Das bedeutet, Geld, Fachkräfte und Materialien fließen vor allem in die aufwendigen Therapien und Angebote, die einen hohen Ressourcenverbrauch haben. Dieser Mechanismus schafft keine Anreize, nachhaltig zu handeln. Dieser mengenbasierte Verteilungsmechanismus sollte zu einem qualitätsbasierten weiterentwickelt werden. Profitieren sollten insbesondere Therapien, die aus Sicht der Patientinnen und Patienten einen hohen und langfristigen Nutzen haben. Voraussetzung dafür ist, die Qualität von Behandlungen über die Erfahrungen der Versicherten zu messen und die Ergebnisse transparent zur Verfügung zu stellen. So können wir eine neue Qualitätsorientierung erreichen, bei der die wirksameren Therapien gefördert werden. Zudem sparen wir wertvolle Ressourcen ein und entlasten das medizinische Personal. „Wie die Patientinnen und Patienten die Qualität ihrer Gesundheitsversorgung empfinden – das ist aus unserer Sicht eine Schlüsselfrage. Finden Patientinnen und Patienten im Ernstfall angemessen schnell Hilfe? Fühlen sie sich gut versorgt? Um zu erkennen, an welchen Stellen gute Versorgung geleistet wird und wo wir gegensteuern müssen, sind die Erfahrungen der Versicherten unerlässlich. Deswegen erheben wir sie regelmäßig und bringen sie in die Debatte um notwendige Reformen der Gesundheitsversorgung ein“, sagt Dr. Gertrud Demmler, Vorständin der SBK. Die zweite zentrale Säule einer nachhaltigen Transformation ist ein stärker auf Prävention ausgerichtetes Gesundheitswesen. Heute geht es in der Versorgung fast ausschließlich um die Behandlung von Krankheiten. Möglichst viele dieser Krankheiten zu verhindern, ist aber der nachhaltigere Weg. Er verringert Leid und schont die Ressourcen des Gesundheitswesens. Eine ausführlichere Beschreibung der Vorschläge der SBK zu einem nachhaltigeren Gesundheitswesen lesen Sie hier. |