Barmer

BARMER-Analyse

Frühchen drohen erhebliche Gesundheitsstörungen

Frühgeborene mit niedrigem Geburtsgewicht haben häufiger Gesundheits- und Entwicklungsstörungen als Kinder, die mit normalem Gewicht geboren werden. Ein erheblicher Teil der Probleme wird erst in späteren Lebensjahren offensichtlich. Das zeigt eine aktuelle Analyse des BARMER-Arztreports. Dabei wurden Daten von rund 274.000 Kindern ausgewertet, die zwischen den Jahren 2006 und 2011 zur Welt kamen. „Die moderne Geburtsmedizin gibt heute frühgeborenen Kindern gute Überlebenschancen. Allerdings leiden Frühchen häufig auch später an Gesundheitsbeeinträchtigungen. Deshalb ist es wichtig, betroffene Kinder frühzeitig zu unterstützen“, sagt Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Frühgeborene Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm wiesen gegenüber Normalgewichtigen nach fünf Jahren ein um 53,6 Prozent erhöhtes Risiko einer Beeinträchtigung oder Verzögerung der sprachlichen oder motorischen Entwicklung auf. Hier könnten zunächst die Physiotherapie oder etwas später die Logopädie oder Ergotherapie unterstützen. Zudem würden bei diesen Frühchen nach zehn Jahren kognitive Störungen fünfmal häufiger diagnostiziert als bei Kindern mit normalem Geburtsgewicht. Die Möglichkeit zerebraler Lähmungen, die zu Bewegungsstörungen führten, seien um mehr als den Faktor 20 erhöht.

Höheres Gewicht verbessert Überlebenschance

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Im BARMER-Arztreport wurden ebenfalls die Überlebenschancen Neugeborener untersucht. Von den Kindern mit einem Geburtsgewicht unter 500 Gramm überlebten lediglich 45,8 Prozent die ersten fünf Lebensjahre. Bei einem Gewicht von 750 bis 999 Gramm waren es bereits 92,2 Prozent. Ab 2.500 Gramm Geburtsgewicht lag die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei 99,8 Prozent. „Die Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit in Deutschland ist glücklicherweise gering. Dennoch zeigt die Analyse, welche zentrale Rolle das Geburtsgewicht für die Überlebens- und Entwicklungschancen von Frühchen spielt“, sagt Straub. Es hänge vor allem von der Dauer der Schwangerschaft ab. Sie beeinflusse darüber hinaus auch die Reife des frühgeborenen Kindes und damit dessen Chance, zu überleben. Ein sehr früh geborenes und damit unreifes Kind habe bei identischem Geburtsgewicht schlechtere Überlebenschancen als ein später geborenes reiferes, da einzelne Organsysteme wie etwa die Lunge noch nicht voll ausgebildet seien.

Sonderfall Mehrlingsschwangerschaft Das Sterblichkeitsrisiko zu früh geborener Kinder hängt laut der Analyse des Arztreports darüber hinaus stark davon ab, ob sie aus einer Mehrlingsschwangerschaft stammen. So hatten Mehrlinge mit einem Geburtsgewicht ab 2.500 Gramm gegenüber allein im Mutterleib herangewachsenen Kindern gleichen Gewichts ein etwa vierfach höheres Sterberisiko. Bessere Überlebenschancen hätten dagegen leichtere Mehrlinge mit einem Gewicht von 1.500 bis 2.499 Gramm. Bei ihnen sei das Sterblichkeitsrisiko lediglich um das Zweieinhalbfache erhöht. „Bei Zwillingen gilt ein Geburtsgewicht um 2.400 Gramm als normal, bei Drillingen sind es sogar nur knapp 2.000 Gramm. Das dürfte einen Grund für die vergleichsweise niedrige Sterblichkeit in dieser Gewichtsgruppe darstellen“, so Straub