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BARMER-Zahngesundheitsatlas

Kosten für Zahnversorgung hängen vom Wohnort ab

Bei der zahnmedizinischen Versorgung Deutschlands gibt es teils dramatische regionale Unterschiede, Bürger in Bayern greifen für Kronen, Brücken und Co. deutschlandweit am tiefsten in die Tasche. Sie zahlen im Schnitt 1.228 Euro als Eigenanteil zu ihrem neuen Zahnersatz zu und damit um fast 100 Prozent mehr als Patientinnen und Patienten in Sachsen-Anhalt. Dort liegt der Eigenanteil bei 628 Euro. Das geht aus dem BARMER-Zahngesundheitsatlas hervor, der am Donnerstag in Berlin erstmals vorgestellt wurde. Deutliche regionale Unterschiede gibt es demnach auch bei Früherkennungsuntersuchungen für Kinder. Erneut ist Bayern an der Spitze. Hier liegt die Inanspruchnahmerate bei 42,5 Prozent. Schlusslicht sind die Saarländer (27,7 Prozent). „Wir wollen mit dem Atlas zur Zahngesundheit Transparenz schaffen und eine Diskussion über die bundesweiten Versorgungsunterschiede, Kosten und Nutzen anstoßen. Viele Ergebnisse aus dem Atlas lassen sich nicht zahnmedizinisch erklären. Zahnärzteschaft, Krankenkassen und Politik in Bund und Ländern sollten gemeinsam die Ursachen dieser Unterschiede diskutieren, um bundesweit einheitlich hohe Standards bei Beratung und Versorgung sicherzustellen“, sagte Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER.

Ost-West-Unterschiede bei der Inanspruchnahme

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Die Ergebnisse des aktuellen Zahngesundheitsatlasses machten grundsätzlich zwei Tendenzen deutlich. Zum einen gebe es in vielen Versorgungsbereichen der Zahnmedizin Ost-West-Unterschiede. Zum anderen scheine ein Stadt-Land-Gefälle vorzuliegen. Der Unterschied zwischen den östlichen und westlichen Bundesländern zeige sich besonders bei dem Anteil der Bevölkerung, der zum Zahnarzt geht. Die Sachsen sind hier den Ergebnissen zufolge Spitzenreiter (77,1 Prozent), die Saarländer hingegen Schlusslicht (65,2 Prozent). „Die Gründe für die Unterschiede kennen wir nicht. Möglich wären tradierte Inanspruchnahmemuster, verschiedene Präventionsaffinitäten und ein unterschiedlicher Stellenwert des Bonussystems“, betonte Studienautor Prof. Dr. Michael Walter von der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik an der TU Dresden.

Zahnersatz je nach Region zwischen 1.274 Euro und 1.877 Euro

Besonders eklatant seien laut den Studienergebnissen die Ost-West-Unterschiede bei neuem Zahnersatz. Im Jahr 2017 lagen die Gesamtkosten je versorgtem Versicherten in den östlichen Flächenländern mit 1.274 Euro bis 1.379 Euro deutlich unter dem Bundesschnitt von 1.524 Euro. Am teuersten war der Zahnersatz in Niedersachsen mit 1.877 Euro. Auch bei der Kostenverteilung fielen die Unterschiede massiv aus. Der vom Patienten zu tragende Eigenanteil lag beim Zahnersatz in den östlichen Flächenländern mit 47,7 Prozent bis 50,2 Prozent deutlich unter Bayern und Baden-Württemberg. Dort trugen Patientinnen und Patienten mit ihrem Eigenanteil 66 beziehungsweise 66,7 Prozent der Kosten. Eine Ursache für hohe Kosten dürfte die verstärkte Wahl von aufwändigem, ästhetisch ansprechenderem und somit meist teurerem Zahnersatz sein, sagte Straub. Dabei sei die Regelversorgung nicht nur zweckmäßig, sondern auch haltbar. „Wenn aufwändiger Zahnersatz gewählt wird, stellt sich durchaus die Frage, ob das immer der alleinige Wunsch des Patienten ist“, so der Vorstandsvorsitzende.

Stadt-Land-Unterschiede bei Zahnkronen und Kieferorthopädie

Der BARMER-Zahngesundheitsatlas zeigt zudem deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land. So bekamen 9,0 Prozent der Berliner und 8,7 Prozent der Hamburger im Jahr 2017 einen neuen Zahnersatz. Im Saarland waren es lediglich 6,4 Prozent und in Bayern und Rheinland-Pfalz jeweils 6,9 Prozent. Bundesweit traf dies auf 7,4 Prozent zu. „Dass vor allem die Versicherten in den Stadtstaaten häufiger Zahnersatz bekommen, könnte zum einen am leichteren Zugang zur Versorgung bei einer vergleichsweise hohen Zahnarztdichte liegen. Zum anderen könnten höhere ästhetische Ansprüche eine Erklärung sein“, sagte Walter. Bei der Kieferorthopädie zeigt der Altas, dass die Inanspruchnahme bei den unter 20-Jährigen in Flächenländern etwas geringer ausfällt als im Bundesdurchschnitt. Dies könne unter anderem an den räumlich weiteren Wegen zum Kieferorthopäden liegen. Besonders bei den sogenannten Zahnschienen zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen Stadt und Land. Je 3,7 Prozent der Hamburger und der Berliner brauchen eine solche Hilfe bei Beschwerden im Kieferbereich, zum Beispiel durch Zähneknirschen. Zum Vergleich, in Thüringen sind es nur 1,4 Prozent. „Der vergleichsweise stressige Alltag in Großstädten könnte ein Grund für die höhere Zahl von Aufbissschienen sein“, so Walter.

Bayern bei Zahnvorsorge für Kinder an der Spitze

Deutliche regionale Unterschiede gibt es auch bei der Früherkennung. So wird die Untersuchung für kleine Kinder tendenziell eher im Süden und im Osten genutzt und weniger im Norden und Westen Deutschlands. Die Inanspruchnahme pendelt zwischen 27,7 Prozent im Saarland und 42,5 Prozent in Bayern. Bundesweit waren 35,9 Prozent der Kinder zwischen dem 30. und 72. Lebensmonat bei einer Früherkennungsuntersuchung.

Weitere Informationen finden Sie unter www.barmer.de/p011788.