IKK e.V.

Fakten statt einseitiger Schuldzuschreibungen – Innungskrankenkassen fordern Umdenken bei der Arzneimittelbeschaffung

Der Fakt, dass laut des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zurzeit über 370 Medikamente nicht an Apotheken oder Krankenhäuser geliefert werden können, ist besorgniserregend. Die Innungskrankenkassen fordern eine offene und faktenbasierte Diskussion über die Ursachen und sie verwehren sich, dass den Kassen fälschlicherweise dabei der Schwarze Peter zugeschoben wird. Denn die Rabattverträge sind nicht – wie oft von den Pharmafirmen postuliert und von der Politik angeführt – Ursache für die Lieferengpässe. Vielmehr sehen die Innungskrankenkassen strukturelle Fehlentwicklungen als ursächlich an, die es schnellstmöglich zu korrigieren gilt.

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„Die Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten liegen in vielen unterschiedlichen Aspekten begründet“, erklärt Hans-Jürgen Müller, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V. „Das Zusammenspiel von globalisierten Produktions- und Vertriebsketten, fehlender Bevorratung und einem sich sprunghaft entwickelnden Krankheitsgeschehen ist komplex. Der isolierte Verweis auf die Rabattverträge ist irreführend. Denn die Lieferengpässe sind ein weltweites Problem, der Anteil der deutschen Rabattverträge am globalen Umsatz ist dagegen aber eher gering“, so Müller. Mehr Engpässe, gerade bei versorgungsnotwendigen und nicht austauschbaren Arzneimitteln, würden auch den Krankenhausbereich betreffen, obwohl hier die Rabattverträge der Krankenkassen nicht greifen. Zudem seien viele Medikamente, die nicht verschreibungspflichtig, sondern auch freiverkäuflich seien, ebenso von Lieferengpässen betroffen, so der Vorstandsvorsitzende.

In diesem Zusammenhang verwehren sich die Innungskrankenkassen gegen die öffentliche Darstellung, die gesetzlichen Krankenkassen hätten die Lieferschwierigkeiten wesentlich zu verantworten. „Die GKV steht am Pranger, obwohl sie bereits im letzten Jahr Mehrkosten und Rezepturen bei ibuprofen- und paracetamolhaltigen Säften übernommen hat, während man auf politischer Seite noch die Lage sondierte“, weiß Müller. „Die aktuelle Situation der Lieferengpässe wird auf einer ganz anderen Ebene instrumentalisiert, um die andauernden Eingriffe in die bestehenden Selbstverwaltungsstrukturen fortzusetzen“, so der IKK e.V.-Vorstandsvorsitzende. Er warnt: „Wenn die Vorstellung herumgeistert, dass ein staatliches Gesundheitssystem die Lösung ist, dann möchte ich gern auf das Gesundheitssystem unsere britischen Nachbarn verweisen.“

Der Vorstandsvorsitzende des IKK e.V., Hans Peter Wollseifer, ergänzt: „Die von den Kassen ab Februar 2023 für drei Monate veranlasste Aufhebung der Festpreisbindung von 180 Medikamenten für Kinder in der vergangene Woche unterstützen die Innungskrankenkassen im Hinblick auf die Versorgung ihrer Versicherten.“ Der Vorstandsvorsitzende verweist auf weitere strukturelle Probleme in der Arzneimittelbeschaffung, die nach Ansicht der Innungskrankenkassen geändert werden müssen. „Wir fordern von der Bundesregierung mehr Schritte in Richtung einer verbesserten Transparenz durch eine frühzeitige, verpflichtende Informationspflicht der Hersteller und eine Etablierung eines Frühwarnsystems für Lieferengpässe“, erklärt Wollseifer. „Darüber hinaus müssen neue Bevorratungsrichtlinien erarbeitet sowie eingeführt und Strafzahlungen bei Nicht-Lieferfähigkeit konsequent umgesetzt werden.“ Des Weiteren würden die Innungskranken die Rückverlagerung der Arzneimittelherstellung nach Europa sowie eine Diversifizierung von Produktionsstätten begrüßen.

Der Geschäftsführer des IKK e.V., Jürgen Hohnl, fasst zusammen: „Die anhaltend schwierige Gesamtsituation zeigt, dass ein Umdenken bei der Arzneimittelbeschaffung notwendig ist. Für die Innungskrankenkassen geht Versorgungssicherheit vor Profitmaximierung und kurzsichtige Sparmöglichkeiten. Wir übernehmen Verantwortung für unser Tun, fordern aber auch Verantwortung von den Unternehmen und von der Politik! In diesem Zusammenhang ist es notwendig, die Selbstverwaltungsstrukturen nicht zu konterkarieren, sondern stattdessen die Selbstverwaltung deutlich stärker einzubinden.“