Das Warten hat ein Ende – und es hat sich zumindest auf den ersten Blick gelohnt. Karl Lauterbach und das Bundesministerium für Gesundheit haben die Referentenentwürfe für das Gesundheitsdatennutzungsgesetz GDNG, das Digitalgesetz DigiG und das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz GVSG veröffentlicht. Ein umfangreiches Gesetzespaket soll das Gesundheitswesen weiterentwickeln. Dr. Gertrud Demmler kommentiert einzelne Punkte aus diesem Paket:
Das GDNG: Die Nutzung von Gesundheitsdaten ist ein echter Wendepunkt
„Ein echter Wendepunkt ist für mich die Nutzung von Gesundheitsdaten für die Beratung unserer Versicherten. Versichertenberatung ist eine Kernaufgabe von Krankenkassen. Bisher konnten wir dieses Potenzial nur eingeschränkt heben. Die Nutzung von Gesundheitsdaten war nur in Einzelfällen erlaubt. Dabei sind Krankenkassen für diese Beratung optimal ausgestattet: Alle Daten zu Versicherung und Versorgung fließen hier zusammen. Versicherte fordern diese Beratung durch ihre Kasse heute proaktiv ein; sie wünschen sich eine Kasse, die mitdenkt. Dem war bisher ein Riegel vorgeschoben. Durch die vorgeschlagenen Regelungen können wir maßgeschneiderte Angebote zusammenstellen, die einen echten Mehrwert für die Versicherten erzeugen. Das ist nicht nur auf individueller Ebene ein Meilenstein, sondern auch ein Hebel für ein nachhaltigeres Gesundheitswesen: Denn wenn wir zum einen gesundheitliche Probleme gezielter angehen können und zum anderen dafür sorgen können, dass diese Probleme gar nicht erst groß werden, dann wird unser System effizienter und besser finanzierbar.“
„Wenn wir zukünftig die Daten unserer Versicherten im Rahmen der Gesundheitsdaten für die individuelle Beratung nutzen dürfen, ist das ein großes Plus für Versorgung und Prävention. Allerdings ist es im nächsten Schritt unabdingbar, dass diese Daten dann auch schneller, im Idealfall tagesaktuell zur Verfügung stehen. Sonst beraten wir auf einem alten Informationsstand und damit wäre nur wenig gewonnen.“
„Die Neustrukturierung der Datenschutzaufsicht begrüße ich sehr. Im System der GKV unterliegen die Kassen unterschiedlichen Datenschutzaufsichten, die einen guten Datenschutz im Rahmen der Digitalisierung eher behindert haben. Kurz gesagt: Datennichtnutzung ist kein Datenschutz. Das hat dann mit den neuen Regelungen hoffentlich bald ein Ende.“
„Unterschiedliche Aufsichten für bundes- und landesunmittelbare Kassen sind nicht nur beim Datenschutz ein Problem. Auch bei den Rechtsaufsichten kämpfen wir immer wieder mit unterschiedlichem Aufsichtshandeln, das dazu führt, dass Versicherte verschiedener Kassen ungleich behandelt werden. Dass das BMG jetzt plant, die Datenschutzaufsicht zu vereinheitlichen, lässt mich hoffen, dass das Thema auch bei anderen Aufsichten angegangen wird.“
Das DigiG: Digitalisierung macht einen Schritt in Richtung Versorgungsalltag
„Die ePA für alle, die Integration von eRezept und eMedikationsplan und die verpflichtende Befüllung dieses Plans durch die Ärzte – all das sind Schritte, von denen ich mir erhoffe, dass die Digitalisierung auch endlich bei den Menschen ankommt. Der Medikationsplan bringt ganz konkrete Mehrwerte für Versicherte und Ärzte, schafft Transparenz über verordnete Arzneimittel und trägt damit maßgeblich zur Patientensicherheit bei.“
„Auf den ersten Blick scheint das DigiG eine nutzerfreundlichere Authentifizierung auf Wunsch des Versicherten zu ermöglichen – sofern er oder sie entsprechend zu den Konsequenzen informiert wurde. Das wird die Nutzung der digitalen Angebote vereinfachen und ist damit absolut zu begrüßen.“
„Positiv finde ich, dass wir uns mit der DiGA-Vergütung beschäftigen. Richtig ist, dass wir die Preisgestaltung bei DiGA stärker an Erfolgskriterien ausrichten sollen. Im Idealfall realisieren wir es am Ende des Gesetzgebungsverfahrens so, dass die Finanzierung an die tatsächliche Nutzung gekoppelt ist. Wenn wir dies umsetzen, tragen wir damit zur nachhaltigen Finanzierbarkeit unseres Gesundheitswesens bei.“
Das GVSG: Versichertenfeedback ist für einen echten Qualitätswettbewerb unerlässlich
„Die SBK veröffentlicht in diesem Jahr ihren achten Transparenzbericht und ist damit Vorreiterin in Sachen Qualitätstransparenz. Seit acht Jahren setzen wir uns auch für mehr Qualitätstransparenz in der GKV ein. Daher begrüße ich es sehr, dass die verpflichtende Veröffentlichung von Service- und Leistungskennzahlen durch Krankenkassen nun im GVSG gesetzlich verankert werden soll. Kassen müssen in definierten Leistungsbereichen Angaben u.a. zu Genehmigungen, Ablehnungen und Bearbeitungsdauer machen. Das ist ein echter Meilenstein für Versicherte: Die Leistungs- und Servicebereitschaft einer Kasse wird transparent. Versicherte können nun schnell und einfach einen Eindruck vom tatsächlichen Agieren einer Krankenkasse gewinnen. Auch für den Qualitätswettbewerb zwischen den Kassen ist dieser Vorstoß ein großes Plus.“
„Was aus SBK-Sicht im Referentenentwurf für mehr Qualitätstransparenz von Kassen noch fehlt, ist die Einbindung von echten Versichertenerfahrungen. Kennzahlen sind das eine. Eine regelmäßige GKV-weite Versichertenbefragung würde die Zahlen um Eindrücke aus der Versorgungsrealität ergänzen und konkrete Hinweise liefern, wo den Versicherten der Schuh drückt, wo sich die GKV verbessern muss. In der SBK befragen wir regelmäßig unsere Versicherten, um uns weiterzuentwickeln. Zudem nutzen viele Betriebskrankenkassen die Daten aus Versichertenbefragungen für ein BKK-weites Benchmark. So gewinnen wir Erkenntnisse, die wir aus den Kennzahlen nicht immer herauslesen können. Für einen echten Qualitätswettbewerb ist Versicherten-Feedback unerlässlich.“